Podcast Sternenglanz St.Gallen

Lesedauer: 4 Minuten

#31 Selbstversuch: morgens mein Bett machen

Wie sieht es zu Hause bei dir im Bett aus?
Keine Angst, ich will dir nicht zu nahe treten. Was ich wissen möchte, ist: Hast du heute Morgen, bevor du deine Wohnung verlassen oder angefangen hast, zu Hause zu arbeiten, dein Bett gemacht? Hast du dein Kissen ausgeschüttelt und die Decke schön zusammengefaltet?
Nein?
Das solltest du aber!

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Studien belegen, dass Menschen, die jeden Morgen ihr Bett machen, selbstbewusster, produktiver, organisierter, erfolgreicher und glücklicher sind und abends erst noch besser einschlafen.

Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich immer schon morgens mein Bett gemacht. Ich gehörte bisher zu jenen unorganisierten Menschen, die dachten, «sein Bett machen» sei ein Luxus für den Sonntag oder für Besuch. Ansonsten ist es egal, wie mein Schlafzimmer aussieht. Das kümmert niemanden und abends lege ich mich ja doch wieder ins Bett, also kann ich mir den Aufwand auch sparen.

Woher also mein Gesinnungswandel?

Ausschlaggebend für mich war ein kurzer Text auf der Titelseite des St. Galler Tagblatts, der Tageszeitung meiner Stadt. Im sogenannten «Salzkorn» – einem oft klugen oder witzigen Gedanken zum Tag – stand drin, dass es sich lohne, jeden Tag das Bett schön zu machen.

Gerade in Zeiten der Krise könne dieses erste Ritual am Morgen ein Beitrag gegen die Ohnmacht sein.

Zuerst schmunzelte ich und wollte den Artikel unbeachtet zur Seite legen. Doch dann liess er mich nicht los. Ich ging aus der Küche zurück in mein Schlafzimmer, schüttelte die Decke und faltete sie zusammen, drapierte die Kissen schön und legte sogar ein hübsches Plüschtier darauf. Sofort fühlte ich mich gut.

Und seit diesem Tag – also seit etwa drei Wochen – kann ich mein Schlafzimmer nicht mehr verlassen, ohne mein Bett zu machen.
Und ich will auch nicht mehr hinter diese Errungenschaft zurück.

Acht Gründe, das Bett morgens zu machen

Ich habe mich schlau gemacht, warum so ein kleines tägliches Ritual so viel bewirken kann. William McRaven, ehemaliger Admiral und inzwischen erfolgreicher Buchautor, sagte einmal: «Wenn du die Welt verbessern willst, starte damit, dein Bett zu machen.»

Das klingt im ersten Moment nach einem Scherz.
Dahinter steht die Überzeugung, dass die strikte Einhaltung dieses Morgenrituals auch in hektischen Zeiten helfen kann, einen klaren Kopf zu behalten.

Warum? Ich versuche, acht Gründe aus dem Bestseller «Mach dein Bett» von McRaven nachzuvollziehen:

1. Ich habe ein Erfolgserlebnis

Wenn ich am Morgen aufstehe und mein Bett mache, habe ich bereits etwas erreicht. Statt mich müde zur Kaffeemaschine zu schleppen, erlebe ich, dass ich handlungsfähig bin.

2. Ich habe mehr Energie und Selbstbewusstsein

Mein Tag hat also gut begonnen – und so kann es weitergehen!
Weil ich es am Morgen früh schon geschafft habe, etwas Sinnvolles zu tun, gehe ich schwungvoller durch den Tag und fühle mich gut dabei.

3. Meine nächsten Aufgaben gehen viel einfacher

Habe ich schon eine Aufgabe geschafft, kann ich leichter zur nächsten gehen. Etwas anfangen ist oft schwer. Aber wenn ich mich schon überwunden habe, am Morgen das Bett schön zu machen, fällt es mir auch leichter, nach dem Morgenkaffee die Küche aufzuräumen.

4. Ich bin besser organisiert

Gehörst du auch zu jenen chaotischen Personen, die immer wieder den Schlüssel verlegen und das Handy suchen? Wer dauernd das Handy suchen muss und Dinge verlegt, hat vielleicht keine Zeit, am Morgen auch noch die Bettdecke auszuschütteln. Aber genau das könne hilfreich sein! Studien belegen, dass kleine Routinevorgänge im Alltag helfen, aus der chaotischen Hektik zu kommen.

5. Ich werde erfolgreicher

Und so hat eine Studie tatsächlich ergeben: Menschen, die am Morgen ihr Bett machen, sind erfolgreicher! Die Wahrscheinlichkeit, einen erfüllenden Job zu haben oder ein Haus zu besitzen, steigt, wenn man fleissig sein Bett macht. Das kann ich aufgrund meines kurzen Selbstversuchs noch nicht nachvollziehen 😉

6. Ich bin glücklicher

Da erstaunt es gar nicht mehr, dass dieselbe Studie herausgefunden hat, dass Menschen, die am Morgen ihr Bett machen, tendenziell von sich sagen, sie seien glücklicher.

7. Routinen geben mir Sicherheit

Und das liegt unter anderem an einem Punkt, der mich als Pfarrerin besonders freut: Es ist die Routine – oder ich würde sagen – es sind die Rituale die uns Halt und Sicherheit geben.
Wie oft ist unser Hirn überfordert, weil wir täglich so viele Entscheidungen treffen müssen. Routinen – oder eben Rituale – wirken hingegen beruhigend, weil wir uns einfach daranhalten können.

8. Ich kann Abends besser einschlafen

Und schliesslich ist es einfach auch schön – das muss sogar ich als langjährige überzeugte Chaotin zugeben – mich in ein gemachtes Bett zu legen.
Das schön hergerichtete Bett zeigt mir:

«Ich bin es mir wert, mir mein Leben schön einzurichten und mir etwas Gutes zu tun.»

Zusammengefasst bin ich erstaunt, wie viel eine so kleine tägliche Tat ausmachen kann.

Ich glaube, es geht dabei um Würde.

Um Selbstliebe.

Darum, dass ich handlungsfähig bin.


Oft belastet mich vieles, wenn ich am Morgen aufwache und darüber nachdenke, was ich alles heute tun soll oder muss.
Und wenn ich die Zeitung lese, belastet mich so vieles, was auf der Welt passiert. Ich fühle mich ohnmächtig, sorge mich.

Mit meiner Entscheidung, zuerst am Morgen das Bett zu machen, bleibe ich nicht in dieser Ohnmacht stehen, sondern bin handlungsfähig.
Und wenn es auch nur dieses kleine tägliche Ritual ist.

Ich bin mir sicher, dass sieht man mir an. Mindestens ein kleines bisschen.

Mein Lächeln verrät: Ich habe es geschafft!

Ich habe es gestern geschafft, ich schaffe es heute und morgen werde ich es wieder schaffen:

Ich mache mir am Morgen ein schönes Bett und strahle die Zuversicht aus, dass ich fähig bin, einen Beitrag zu leisten für meine tägliche Zufriedenheit.

Wie sieht das bei dir aus? Machst du schon immer morgens dein Bett oder hättest du jetzt Lust, das einmal auszuprobieren?

Bis dahin, mach`s gut und schau gut zu dir.

Portrait Kathrin Bolt

Kathrin Bolt

Kathrin schreibt und spricht leidenschaftlich gerne. Die 43-Jährige lebt mit ihrer Familie in St.Gallen und arbeitet als Pfarrerin in der evangelisch-reformierten Laurenzenkirche. In ihrer Freizeit spielt sie Theater.