Schlaf – für viele von uns die schönste Zeit des Tages. Doch was macht diese kostbaren Stunden so besonders? In dieser Folge teile ich meine Gedanken über das Geheimnis des Schlafs, die Sehnsucht nach Ruhe und warum er so wichtig für unsere Seele ist. Ich reflektiere über meine eigenen Morgenroutinen, die Herausforderungen des frühen Aufstehens und frage mich, ob der Schlaf vielleicht ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit sein könnte.
Höre diesen Text als Podcast:
Herzlich willkommen zu unserer 40. Folge von Sternenglanz! Wie schnell die Zeit vergeht. Das denke ich auch jeden Morgen, wenn der Wecker klingelt. Bei Carsten scheint das ja anders zu sein. Gemäß der letzten Podcastfolge ist Carsten ein begnadeter Frühaufsteher.
Keine Frühaufsteherin
Wenn ich höre, dass Carsten sich von der Morgenröte wecken lässt – und dann schon beim ersten Gebet mit den inneren Löwen kämpft – könnte ich fast schon neidisch werden. Das schaffe ich fast nie: früh aufstehen, beten und die Morgenröte genießen. Mein Morgen beginnt in der Regel mit dem lästigen Ton meines Handys. Obschon ich mir seit Jahren vornehme, mir einen besseren Wecker anzuschaffen, habe ich es bisher nicht geschafft. So höre ich also am Morgen den Ton meines Handys und drücke sofort auf „Schlummerfunktion“! Ja, bitte, bitte, bitte lass mich noch ein wenig weiterschlummern. Soll sich die Morgenröte doch hinter meinem dicken Vorhang entfalten. Ich bin noch nicht bereit für diesen Tag!
Warum ich meinen Schlaf liebe
Beim zweiten Schlummern fange ich an zu rechnen: Liegen weitere 10 Minuten drin – oder muss ich jetzt wirklich aufstehen?
„Ich liebe schlafen. Nichts gibt mir so viel Ruhe, Kraft, Erholung und Geborgenheit wie Schlaf.“
Abends oder nachts, wenn ich mich ins Bett lege, freue ich mich auf den Schlaf – und am Morgen, wenn ich aufstehen muss, sehne ich mich danach, einfach liegen zu bleiben. Nicht, dass ich mein Leben verschlafen möchte. Natürlich ist es Tag für Tag auch schön, wieder wach zu sein und Dinge zu erleben, Menschen zu treffen. Aber nichts gibt mir so viel Ruhe, Kraft, Erholung und Geborgenheit wie Schlaf.
Schlaf und Psalm 127: Eine biblische Perspektive
Tag für Tag – oder besser gesagt „Nacht für Nacht“ – gibt mir der Schlaf die Möglichkeit, Abstand zu gewinnen von allem, was mich tagsüber beschäftigt und sorgt. Ich kann die Augen schließen, verreise innerlich und lasse alles ruhen. Carsten hat in seinem letzten Podcast Bilder aus einem sogenannten Psalm beschrieben. Ein Psalm ist wie ein Gedicht, ein Lied, das in der Bibel steht. Und in diesen Psalmen kommt das schöne Bild der Morgenröte vor, aber auch der SCHLAF. So in Psalm 127. Dort heißt es: „Umsonst ist es, dass ihr früh aufsteht und spät euch niedersetzt, dass ihr Brot der Mühsal esst. Dem Seinen gibt er es im Schlaf.“ Diese großartigen letzten Worte hat meine Mutter früher oft zu uns gesagt.
Manche seelischen Krankheiten beginnen damit, dass Menschen nicht mehr richtig schlafen können. Stundenlang wach bleiben, den Kopf nicht mehr abschalten können, nicht in die Entspannung kommen – das kann zu großer Not und Verzweiflung führen. Gerade Eltern mit sehr kleinen Kindern stoßen oft an ihre Grenzen – nicht allein, weil die Kinder tagsüber so anstrengend sind, sondern weil sie nachts immer wieder aufwachen und nicht schlafen können. Schlafentzug ist eine Foltermethode. Der Mensch braucht seinen Schlaf, genauso wie er Wasser zum Trinken und Brot zum Essen braucht.
Schlaf als Zugang zu einer tieferen Ebene
Stell dir vor, wir umtriebigen, rastlosen Geschöpfe wären auch in der Nacht so aktiv wie am Tag. Stell dir vor, es gäbe diese biologische Pause des Schlafens nicht. Um wieviel mehr noch wären Menschen erschöpft und ausgelaugt? „Der Schlaf schenkt uns Zugang zu einer Welt, in der wir mindestens für eine gewisse Zeit erlöst sind von Schmerzen und Gedanken.“ Der Schlaf schenkt uns Zugang zu einer Welt, in der wir mindestens für eine gewisse Zeit erlöst sind von Schmerzen und Gedanken. Oder wir sie auf wundersame Weise in Träumen verarbeiten und weiterführen.
Schlaf und spirituelle Verbundenheit
Ich glaube, dass der Schlaf nicht nur ein liebevolles Geschenk an uns Menschen ist – sondern auch ein Zugang zu Gott, der uns einen Vorgeschmack gibt auf das, was kommt, wenn wir irgendwann nicht mehr aufwachen. Wenn wir uns nicht mehr von der Morgenröte wecken lassen können. In der Bibel werden die verstorbenen Menschen auch oft die „Entschlafenen“ genannt. Das finde ich ein sehr starkes und schönes Wort. Wir sagen, jemand ist „für immer eingeschlafen“ und verbinden damit das Gefühl, dass das Sterben, der Tod, auch etwas Sanftes ist und uns zur „ewigen Ruhe“ führt.
Die Worte ‚Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf‘ – könnte man vielleicht auch so verstehen: In den Stunden des Schlafens üben wir diese Verbundenheit mit dem, der uns jeden Tag wach werden und wieder einschlafen lässt.
Abschliessende Gedanken und Fragen
Aber noch soll es nicht so weit sein. Noch möchte ich mit meinen inneren Löwen kämpfen und die Morgenröte bestaunen, falls ich doch einmal früh wach sein sollte. Und ich will mir Abend für Abend – Morgen für Morgen bewusst werden, welch ein Geschenk es ist, dass ich leben, schlafen und wieder aufwachen kann. Wie sieht das bei dir aus?
- Wenn du ganz ehrlich zu dir bist: Wie viele Stunden Schlaf brauchst du dann? Und wie könntest du sie in deinen Alltag einbauen?
- Falls du aktuell nicht gut schläfst: Gab es schon mal eine Zeit in deinem Leben, in der du gut geschlafen hast? Was hat das ermöglicht?
- Welchen Unterschied merkst du bei dir, wenn du ausgeschlafen deinen Tag erlebst?
- Was hilft dir, dass du gut schlafen kannst?
Den nächsten Sternenglanz-Beitrag liest du am 12. September wieder mit Carsten.
Bis dahin, mach`s gut und schau gut zu dir.
Kathrin Bolt
Kathrin schreibt und spricht leidenschaftlich gerne. Die 43-Jährige lebt mit ihrer Familie in St.Gallen und arbeitet als Pfarrerin in der evangelisch-reformierten Laurenzenkirche. In ihrer Freizeit spielt sie Theater.