Podcast Sternenglanz St.Gallen

Lesedauer: 6 Minuten

#4 Touch me! 3 Berührungen zu Ostern, die mitten ins Herz gehen

Kathrin und ich haben für Sternenglanz abgemacht, dass wir uns immer wieder Bälle zuspielen. So führen wir nicht bloss einen Monolog, sondern etwas Gespräch miteinander. Völlig verkrampft und angespannt habe ich also gewartet, was Kathrin mir da zuspielt, und dann kam ausgerechnet das: Bei dem Bild, wie Sarah und Abraham den Sternenhimmel über sich anschauen, hätte ich die Romantik vergessen!

Ein Paar hält sich in den Armen.
Ja, das stimmt, ich habe die Romantik komplett vergessen.
Foto von Andrew Neel auf Unsplash

Ich hätte nie gedacht, dass die da unter den Sternen anfangen zu kuscheln und zu küssen. Da sind Gefühle im Spiel. Da tauchen Berührungen auf, die ganz tief unter die Haut und mitten ins Herz gehen.

Kurz vor Ostern geht mir nach, wie ganz verschiedene Berührungen in den biblischen Geschichten direkt unter die Haut mitten ins Herz gehen.

Ich greife heute also drei Beispiele auf, wo es um Berührung voller Bedeutung, voller Wirkung geht. Zum Schluss gibt es noch einen Liedhinweis, als Sahnehäubchen obendrauf.

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1.Jesus wäscht Füsse: Eine Berührung über die Füsse direkt ins Herz

Jesus wäscht Füsse. ↗ Kurz vor Ostern sitzt Jesus mit seinen Freundinnen und Freunden zusammen beim Abendmahl. Jesus nimmt eine Wasserschüssel und ein Handtuch und fängt an seinen Leuten reihum die Füsse zu waschen.

Normalerweise würden wir sagen: Was für eine Geste von Unterwerfung! Wo bleibt da die Würde! Doch Jesus drückt durch diese Berührung etwas anderes aus: Er wäscht die Füsse, um einen Dienst zu tun und eine Lektion zu erteilen: Diene! Wirklich!

Ich erinnere mich gut an die paar Male, wo jemand mir die Füsse gewaschen hat, oder wo ich jemandem die Füsse gewaschen habe. Das könnte ich schwerlich vergessen.

Jesus will damit das Beispiel geben, dass es in seiner Gemeinschaft darum geht, einander zu dienen, nicht zu herrschen, zu präsidieren, zu stolzieren. Dazu muss er das wirklich selbst tun, sonst hätten seine Leute hinterher sagen können: «Hat er das wirklich so gemeint oder war das nicht eher bloss ein Gleichnis?»

Er meint das wirklich so, und die Berührung wird seinen Freudinnen und Freunden so unter die Haut fahren, dass sie es schwerlich vergessen können.

Die Füsse zu waschen ist eine Berührung, die über die Füsse direkt ins Herz geht.

2.Jesus bricht Brot: Eine Berührung von der Hand in den Mund ins Herz

Jesus reicht Brot herum. ↗ Seine Jüngerinnen und Jünger sehen, wie das Brot zerbricht, wie die Kruste aufspringt, wie die Krümel sich über den Tisch verteilen. Vielleicht riechen sie das Brot. Und Jesus reicht das Brot in die Runde. Sie greifen zusammen in die Schüssel. Dann essen sie gemeinsam. Das sind zahlreiche Berührungen, wo Hände und Mund sich treffen.

Ich habe mich schon oft gefragt, warum Jesus für das Abendmahl einfach Brot genommen hat.

Ist einfaches Brot besonders geeignet, dass ich spüre, dass Gott mit seiner Gegenwart, mit seiner Präsenz gerade da ist? Hat er Brot genommen, weil Gott und Glaube letztlich einfach sein sollen?

Ich schaue mir mal bloss an, was das für eine Berührung ist: Brot wird gebrochen, weitergereicht und verteilt, gegessen, gekaut, geschluckt, verdaut.

Das ist doch irgendwie eine heilige Berührung: von der Hand in den Mund über den Bauch und dann direkt ins Herz.

Zwei Menschen halten Händchen. Eine Berührung zwischen einem Paar.
Foto von Joshua Hoehne auf Unsplash

Berührungen machen glücklich

Berührungen sind gesund. Jemand zu berühren, berührt zu werden macht glücklich. Berührungen verstärken, was ich sagen will und wie ich etwas aufnehmen und annehmen möchte. In diesem Sinne sind Berührungen ganz natürlich.

Vielen Menschen geht es so.

Wir Menschen funktionieren meist besser, wenn wir uns berühren, auf eine achtsame, würdevolle, gute Art, wenn wir uns berühren physisch mit unserem Körper und psychisch mit unserem Geist. Einfach beides gut zusammen.

So sprechen wir uns ganzheitlicher an, so wenden wir uns ganzheitlicher einander zu. Das entspricht uns, weil wir so beschaffen sind.

Wenn Gott uns Menschen so geschaffen hat, dann ist es logisch, dass Gott diesen Weg auch selbst beschreitet.

Vielleicht gibt es gerade deswegen so viele und so unterschiedliche Erzählungen in der Bibel über Berührungen. Gott sagt mir damit gleichsam: Ich berühre Dich, ich lasse mich von Dir berühren, um ganz bei Dir zu sein.

Gott und Mensch treffen sich. Eine Berührung der ganz besonderen Art.
Foto von Claudio Schwarz auf Unsplash

Und ich mag antworten in meinem Gebet: Ich lasse mich von Dir, Gott, berühren, um ganz bei Dir zu sein, um durch Dich ganz und heil zu werden.

3. Jesus wirft sich auf den Boden: Eine Berührung vom ganzen Körper ins Herz

Jesus liegt auf dem Boden. ↗ Bevor Jesus damals kurz vor Ostern verraten und verhaftet wird, da betet er. Er geht mit seinen Freunden und Freundinnen in die Nacht hinaus, hinüber in diesen Garten. Und dort geht Jesus ein wenig zur Seite, abseits und allein.

Dann heisst es in der biblischen Erzählung: Er wirft sich auf den Boden!

Warum nur?

  • Hat ihn denn die Verzweiflung übermannt?
  • Hat er all das Leid kommen sehen und diese Not in diesem Moment war einfach zu gross?
  • Oder aber hat er mit dieser Geste sich an Gott übergeben wollen,  seinen Körper, seinen Geist so hinzuwerfen?
  • Hat er so um sein Vertrauen in Gott gerungen, indem er sich flach auf den Boden legt?

Wenn ich mich auf den Boden lege, dann spüre ich meinen Körper anders. Ich spüre mein Gewicht und höre, wie mein Atem geht.

Ich vertraue mich irgendwie dem Boden an, traue dem Boden, der Erde zu, mich bodenständig wieder innerlich aufzurichten. Dabei spüre ich mich am ganzen Körper, und diese ganzen vielen Berührungen gehen mir direkt ins Herz.

Probiere es gelegentlich mal aus: Lege dich auf den Boden. Nicht unbedingt nachts im Garten, aber doch in deinem Gebet oder bei deiner Meditation, daheim, in Ruhe, wo niemand über dich stolpern könnte. Beobachte, wie das Liegen am Boden dich innerlich bewegt und berührt.

Die Frau, die auf dem Boden lag

Vor einiger Zeit habe ich in einem Gottesdienst erlebt, wie eine Frau nach vorne kam und sich einfach auf den Boden gelegt hat. Sie war eine Unbekannte, sah etwas heruntergekommen aus, eine eher komische Erscheinung. Und diese Dame legt sich in der Kirche flach auf den Steinboden. Der Gottesdienst ging ganz normal weiter.

Wir haben alle damals gedacht: Was macht die da?
Das gehört sich doch nicht! Ist sie gefährlich oder nur verrückt?
Rufen wir den Ordnungsdienst?

Gott sei Dank stand die Frau bald wieder auf und setzte sich gesittet in die Kirchenbank. Ein Gespräch nachher hat sich leider nicht ergeben.

Vielleicht war sie verzweifelt und in grosser Not, oder sie empfand grosse Hingabe gegenüber Gott, oder sie hat mit der Berührung am Boden Gott ihr ganzes Herz ausschütten wollen.

Wahrscheinlich ist, dass diese Frau inniger, ganzheitlicher gebetet hat als all die Umstehenden, die sich da von ihrem eigenen Gebet haben ablenken lassen. Da war sie vielmehr mit ganzem Herzen dabei.

Touch me, I wanna feel dirty

Die Bibel erzählt von vielen und vielfältigen Berührungen, die Menschen miteinander verbinden, Berührungen, die Himmel und Erde verbinden.

Nun, dem Rocker in mir kommt dabei ein Lied aus dem Musical Rocky Horror Picture Show in den Sinn. In dem Lied heisst es: «Touch-a touch-a touch-a touch me, I wanna feel dirty.”, also übersetzt: “Berühr mich, ich will mich dreckig fühlen.»

Ich finde das Lied ja irgendwie lustig gemacht. Wenn Berührungen mir helfen, dass etwas mich ganz anspricht, dass etwas wirklich mein Herz erreicht, wenn die Bibel mir von vielen und vielfältigen Berührungen erzählt, dann möchte ich in dieser Liedzeile bitte ein Wort ändern:

Dann heisst es eher: «Touch me, I wanna feel holy.», also frei übersetzt: «Berühr mich, ich will mich heilig fühlen.»

Jetzt bist du dran!

Also probiere es einfach aus: Wirf dich irgendwo auf den Boden (und vielleicht erst einmal daheim, nicht zuerst im Garten oder in der Kirche)!

Vertrau dich der Erde und dem Himmel an! Breche Brot, reiche Brot rum! Beiss kräftig zu! Küsse oft und herzlich!

Vielleicht hilft dir die eine oder andere dieser Berührungen, dass du das Heilige in dir besser spürst. Und wer weiss, vielleicht fängt das Heilige in dir sogar an zu glänzen.

Soweit einmal für heute zu den Berührungen.
Dir alles Gute und Gottes Segen.